Liebe Leser, liebe Leserinnen,
nachdem der Augustinermönch Martin Luther im Jahr 1517 95 Thesen an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen hatte, um über die Fehlentwicklungen in der Kirche zu disputieren, breitete sich seine Lehre innerhalb kürzester Zeit in ganz Europa aus.
In Görlitz, einer der sechs Städte im gleichnamigen Bund, hatte der berühmte Ablassprediger Johann Tetzel seine Bühne erhalten und wie selbstverständlich wurde an der Kirchentür vor dem Ketzer Luther gewarnt. Die Reformation war (auch) in Görlitz ein Prozess:
Im Jahr 1521 verbreitete die Pest Angst und Schrecken. Wer konnte, floh aus der Stadt, so auch der Stadtrat, nicht jedoch der bis dahin unauffällig agierende Pfarrer Rotbart. Er blieb und predigte zusehends im Geiste Luthers und stieß damit auf offene Ohren und nach Veränderung heischender Herzen. Eine markante Intensivierung und Verdichtung erfolgte jedoch erst im Jahre 1525. Auf die Austeilung des Abendmahls in beiderlei Gestalt in der Krypta der Peterskirche am 1. Sonntag nach Ostern 1525 und die Auslassung überkommener, vor allem sichtbarer Zeremonien und Riten in der Kirche und auf den Straßen der Stadt, konnte die Stadtobrigkeit nur noch hinnehmend und balancierend reagieren. So waren in Görlitz Bürger.Mut.Glaubenskraft untrennbar miteinander verbunden, hervorgegangen aus der Forderung der Menschen nach religiöser Teilhabe.
Jedoch wird es im Jahr 2025 nicht allein darum gehen. Auch wenn die Feier von 500 Jahren Reformation mit ihrem Eröffnungs- und ihrem Abschlussgottesdienst den zeitlichen Rahmen der Festveranstaltungen, die zwischen dem 27. April und dem 31.10. geplant sind, setzt.
Denn im Jahr 1525 fielen mehrere bedeutende Ereignisse in der Geschichte der Stadt Görlitz zusammen.
Bürger.Mut.Glaubenskraft soll die Forderung der Tuchmacher nach politischer Teilhabe in den Blick nehmen, die ihre Forderungskataloge 1525 erstmals öffentlich in der Peterskirche vortrugen, angesichts der Tatsache, dass die Geschicke der Stadt in dieser Zeit vor allem in den Händen weniger, einflussreicher Familien lagen.
Bürger.Mut.Glaubenskraft erforderte es auch, die Stadt nach dem schweren Brand 1525 wieder aufzubauen. Die Katastrophe machte aber auch erst Platz für Neues: Sie wurde zur Geburtsstunde des Renaissancebaugeschehens in Görlitz. Man denke an den Schönhof, heute Heimat des Schlesischen Museums oder den Archivflügel des Ratsarchivs. Kulturelle Teilhabe an dem sich von Italien ausbreitenden neuen Baustil wurde so erst möglich.
Das Motto steht damit gleichermaßen für die Forderung nach religiöser, politischer und kultureller Teilhabe.
Das Jubiläumsjahr 2025 wird deshalb als ein mehrdimensionales Ereignis und als eine Chance begriffen, an dessen Vorbereitung und Ausgestaltung möglichst viele zivilgesellschaftliche Akteure teilhaben sollen. Es dient einerseits der Erinnerungskultur, möchte andererseits aber vor allem dazu anregen, Bürger, Mut und Glaubenskraft im gegenwärtig Alltäglichen, im Künstlerischen, im Wissenschaftlichen, im Politischen und im Religiösen zu entdecken, zu stärken und zu entwickeln.
Seien Sie also gespannt!
Im Folgenden erhalten Sie einen ersten Überblick. Die finale Version erwartet Sie ab 28. Februar 2025.
Auch Mitmachen ist noch möglich: Melden Sie sich gern bis 15. Dezember!
Mit herzlichem Gruß
Antje Hüttig und Pfr. Dr. Matthias Paul